Übersicht / Haarausfall

Definition: Was genau ist eigentlich Haarausfall?

Haare bestehen aus Hornsubstanz (Keratin) und gehören wie Finger- und Zehennägel zu den Anhangsgebilden der Haut. Ungefähr fünf Millionen Haare bedecken den menschlichen Körper, etwa 80.000 bis 150.000 davon sitzen auf dem Kopf. Bei einer Dichte von 180 bis 300 Haaren pro Quadratzentimeter zeigt sich eine volle, gesunde Haarpracht. Haare durchlaufen während ihrer etwa siebenjährigen Lebenszeit einen dreistufigen Entwicklungsprozess.

  • Die Wachstumsphase (Anagenphase) nimmt bei Männern etwa zwei bis vier, bei Frauen ungefähr vier bis sechs Jahre in Anspruch. Etwa 80 bis 90 Prozent der Kopfhaare befinden sich gleichzeitig in der Wachstumsphase und werden in dieser Zeit täglich um ungefähr 0,3 Millimeter länger. Männerhaare wachsen schneller als Frauenhaare, die im Gegenzug aber deutlich langlebiger sind.
  • Nach dem Wachstum folgt eine Übergangsphase (Katagenphase), die etwa ein bis zwei Prozent der Kopfhaare betrifft und zwei bis vier Wochen andauert.
  • Im Anschluss gehen zehn bis 20 Prozent des Haarschopfs in die Ruhephase (Telogenphase). Sie umfasst ungefähr vier bis sechs Monate, kann sich aber je nach Körperregion über einen Zeitraum von bis zu acht Monaten hinziehen.
  • Nach der Ruhephase ist der Lebenszyklus vollendet. Das Haar fällt aus und macht einem neuen Platz, das an derselben Stelle nachwächst. Der natürliche Entwicklungsprozess führt zu einem normalen Verlust von etwa 50 bis 150 Haaren pro Tag. Beim Waschen kann die Zahl auf bis auf 300 ansteigen, ohne dass die Einbuße unmittelbar alarmierend wäre.

Haare sind über die Strukturen der Haarfollikel in der Kopfhaut verankert. Die länglichen Hauteinstülpungen wirken haltgebend und sind der Ursprung von bis zu 30 Haarwachstumszyklen. Der sorgfältig ausbalancierte Prozess permanenter Erneuerung sorgt für einen konstant dichten Haarschopf. Geraten beteiligte Körperfunktionen in ein Ungleichgewicht, macht sich die Störung durch Haarausfall bemerkbar. Sichtbar schütteres Haar ist die Folge, wenn

  • täglich überdurchschnittlich viele Haare beim Waschen, Kämmen oder Bürsten ausfallen,
  • weniger Haare nachwachsen als abhandenkommen, sodass der Verlust nicht mehr ausgeglichen werden kann.

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Krankhafter Haarausfall wird als Effluvium bezeichnet und betrifft schätzungsweise dreimal mehr Männer als Frauen. Bei einem Verlust von mindestens 60 Prozent des Kopfhaars stellt sich Kahlheit (Alopezie) ein. Je deutlicher kahle Stellen sich insbesondere auf der Kopfhaut bemerkbar machen, desto belastender kann die Störung sein, die auf ganz unterschiedliche Ursachen zurückgeht.

Ursachen: Wie Haarausfall entsteht

Vermehrter Haarausfall kann physische und psychische Ursachen haben. Entsprechend der Ursache gibt es unterschiedliche Formen von Haarausfall.

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Hormonell erblicher Haarausfall bei Männern

Sexualhormone beeinflussen das Haarwachstum entscheidend. Bei Männern fördern sie die Entstehung einer ausgeprägten Körperbehaarung. Frauen dürfen sich hingegen eher über eine dichtere Kopfbehaarung freuen. Hormonell-erblicher Haarausfall geht auf eine genetisch bedingte Überempfindlichkeit der Haarwurzelzellen gegenüber Androgenen zurück. Androgene sind Sexualhormone, die bei Männern viel häufiger vorkommen als bei Frauen. Aus diesem Grund betrifft der als androgenetische Alopezie bezeichnete Haarausfall öfter Männer als Frauen.

Der hormonell-erbliche Haarausfall ist in über 95 Prozent der Fälle die Ursache für Kahlheit bei Männern. Die Störung geht auf eine Überempfindlichkeit gegenüber Dihydrotestosteron zurück. Die biologisch aktivste Form des männlichen Sexualhormons Testosteron verursacht bei rund einem Drittel der Männer unter 30 eine androgenetische Alopezie. Ab einem Alter von 50 Jahren muss jeder zweite Mann mit vermehrtem Haarausfall und Kahlheit rechnen.

Kreisrunder Haarausfall (Alopecia areata)

Die zweithäufigste Ursache für sichtbaren Haarverlust und die häufigste entzündliche Erkrankung, die zu Kahlheit führt, ist der kreisrunde Haarausfall. Er betrifft Männer und Frauen in jedem Alter und zeigt sich sogar bei Kindern und Jugendlichen. Die meisten Krankheitsfälle treten zwischen dem zweiten und vierten Lebensjahrzehnt auf. Frauen sind etwas häufiger betroffen als Männer.

Die Wahrscheinlichkeit an kreisrundem Haarausfall zu erkranken ist bei Patienten mit Diabetes und Schilddrüsenfunktionsstörungen erhöht. Bei etwa 20 Prozent der Patienten leidet mindestens ein weiteres Familienmitglied ebenfalls an der Erkrankung. Die genaue Ursache für den Krankheitsverlauf liegt allerdings nach wie vor weitgehend im Dunklen.

Als wahrscheinlich gilt eine fehlgeleitete Immunreaktion, die sich gegen körpereigene Haarzellen richtet und eine Entzündung auslöst. Das Geschehen bringt das Haarwachstum zum Erliegen und die Haare fallen aus. Obwohl die Haarfollikel erhalten bleiben, können in den erkrankten Bereichen keine Haare nachwachsen. Am Ort der Entzündung entstehen unvermittelt runde, kahle Bereiche auf der Kopfhaut.

Diffuser Haarausfall

Diffuser Haarausfall führt zu einer gleichmäßig abnehmenden Haardichte im Bereich des gesamten Kopfs. Die Störung betrifft Frauen wesentlich häufiger als Männer. Der bedenkliche Haarverlust kann auf ganz unterschiedliche Ursachen zurückgehen.

Welche Störungen der Körperfunktion verursachen diffusen Haarausfall?

  • Infektionserkrankungen mit hohem Fieber wie Grippe oder Scharlach
  • Eingriffe bei schweren Operationen Schilddrüsenfehlfunktionen
  • Diabetes mellitus
  • Mangelerkrankungen, die einen Eisen- oder Zinkmangel bewirken
  • Mangelernährung durch eine gestörte Darm- oder Leberfunktion
  • Mangelerscheinungen infolge von Fehlernährung oder langfristigen Crash-Diäten
  • Einnahme von Medikamenten wie Heparin zur Blutverdünnung, Mittel gegen zu hohe Cholesterinwerte (Lipidsenker), Antidepressiva, Beta-Blocker und ACE-Hemmer (gegen Bluthochdruck und Herzerkrankungen), oder Zytostatika, die im Rahmen einer Krebstherapie das Zellwachstum hemmen
  • Strahlentherapien während der Krebsbehandlung
  • Schwermetallvergiftungen, beispielsweise mit Arsen oder Thallium
  • Entzündliche Erkrankungen der Kopfhaut wie Schuppenflechte und Pilzinfektionen
  • Stress und seelische Belastungen

Der Haarverlust zeigt sich häufig verzögert und folgt dem auslösenden Ereignis erst mit einem zeitlichen Abstand von zwei bis drei Monaten. Gelingt es, die Ursache abzustellen, wachsen die Haare meist problemlos und ohne weitere Therapie wieder nach.

Vernarbender Haarausfall

Vernarbender Haarausfall kann zu einer vollständigen Zerstörung der Haarwurzelzellen führen. Ursachen der Störung sind:

  • Hauterkrankungen, die mit angeborenen Verhornungsstörungen einhergehen
  • Verletzungen der Kopfhaut, beispielsweise durch eine Verätzung
  • bakterielle Infektionen der Haarfollikel
  • Autoimmunerkrankungen wie Lupus erythematodes oder eine Bindegewebsverhärtung durch Sklerodermie

Traktionsalopezie

Bei der Traktionsalopezie wirken mechanische Kräfte auf Haare und Kopfhaut und führen zu vermehrtem Haarverlust. Sie entstehen

  • beim Binden oder Flechten straffer Zöpfe,
  • durch den häufigen Gebrauch von Lockenwicklern,
  • durch kosmetische Maßnahmen des Friseurs wie Dauerwellen, Färben und Bleichen.

Die mechanischen Einwirkungen führen schlimmstenfalls zu einer Entzündung der Haut und in der Folge zu Vernarbungen mit bleibendem Haarverlust.

Zwanghaftes Ausreißen der Haare (Trichotillomanie)

Die Trichotillomanie ist eine Zwangsstörung. Ausgelöst durch eine psychische Belastung entwickelt sich die zwanghafte Gewohnheit, mit den Haaren zu spielen, daran zu drehen und zu reißen. Wenn in schweren Verlaufsformen die Kopfhaut vernarbt, entsteht ein bleibender Schaden.

Symptome: Welche Ausprägungen gibt es?

Je nach Erkrankungsform zeigen sich unterschiedliche Krankheitsverläufe mit jeweils charakteristischen Symptomen.

Hormonell-erblicher Haarausfall (Alopecia androgenetica)

Der hormonell-erbliche Haarausfall verursacht geschlechtsspezifisch unterschiedliche Symptome. Männer erkennen den hormonell-erblichen Haarausfall am typischen Muster des fortschreitenden Haarverlusts. Zunächst machen sich die vielzitierten Geheimratsecken als kahle Stellen links und rechts oberhalb der Schläfen bemerkbar.

Mit der Zeit zeichnet der fortschreitende Haarverlust die Form eines M auf die hohe Stirn der Betroffenen. Verbleibende Haare haben eine feine Struktur und zeigen ein stark verlangsamtes Wachstum. Nach und nach fallen die Haare auch am Scheitel und am Hinterkopf vollständig aus, bis schließlich nur noch der charakteristische hufeisenförmige Haarkranz zurückbleibt.

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Kreisrunder Haarausfall (Alopecia areata)

Der kreisrunde Haarausfall tritt in 80 Prozent der Fälle im Bereich des Kopfes auf, bei Männern lässt sich der Haarverlust auch im Bereich des Bartes beobachten. Typisch sind runde kahle Stellen auf der behaarten Haut: Bei den meisten Patienten zeigen sich nur wenige befallene Areale.

Sie bilden sich in etwa 40 bis 70 Prozent der Fälle ohne weitere Behandlung innerhalb von sechs bis zwölf Monaten zurück. Greift der kreisrunde Haarausfall auf den gesamten Kopf, die Augenbrauen und Wimpern über, spricht der Arzt von Alopecia areata totalis. Eine Alopecia areata universalis liegt in den sehr seltenen Fällen vor, wenn die Körperbehaarung in Mitleidenschaft gezogen wird.

Diffuser Haarausfall

Diffuser Haarausfall führt zu einem gleichmäßigen Haarverlust im gesamten Bereich des Kopfes. Bei nur geringer äußerer Einwirkung geben die Haare nach und lösen sich aus ihrer Verankerung. Die Haardichte nimmt nach und nach ab, ohne dass auf der Kopfhaut Anzeichen einer Erkrankung sichtbar wären.

Behandlung: Wie wird Haarausfall behandelt?

Der Behandlung von vermehrtem Haarverlust geht eine ausführliche medizinische Diagnose voraus. Das Anamnesegespräch gibt Aufschluss über die Vorgeschichte des Patienten, den Verlauf der Erkrankung und die individuellen Symptome.

In einer körperlichen Untersuchung bestimmt der Arzt anschließend den Haarstatus. Bei der Prüfung der Haarstruktur zeigt sich, ob das Haar brüchig, spröde oder dünn ist.Das Muster des Haarausfalls lässt Rückschlüsse auf die Erkrankungsform zu. Der Zustand der Kopfhaut zeigt mögliche Infektionen an, die durch Pilze oder Bakterien verursacht werden.

Mithilfe einer Stanzbiopsie kann in Vollnarkose eine Gewebeprobe entnommen werden, um weitere Klarheit über die Hautbeschaffenheit zu erhalten. Eine Blutuntersuchung deckt Mangelerscheinungen, Vorerkrankungen oder Hormonschwankungen auf. Der Zupftest (Epilationstest) zeigt die Zugfestigkeit der Haare. Ein Trichogramm untersucht den Zustand der Haarwurzel und lässt eine Schätzung über den Anteil der Haare in den einzelnen Entwicklungsstadien zu.

Hormonell-erblicher Haarausfall (Alopecia androgenetica)

Beim Mann eignen sich zwei Arzneistoffe für die Behandlung des hormonell-erblichen Haarausfalls:

  • Die topische Therapie wirkt auf der Grundlage einer fünfprozentigen minoxidilhaltigen Lösung.
  • Im Rahmen einer oralen Therapie kommt der Wirkstoff Finasterid zum Einsatz, der die Umwandlung von Testosteron in Dihydrotestosteron hemmt und so der Überempfindlichkeitsreaktion entgegenwirkt.

Kreisrunder Haarausfall (Alopecia areata)

Für die Behandlung des kreisrunden Haarausfalls stehen unterschiedliche Behandlungsmöglichkeiten offen:

  • Lokal wirksame Therapien setzen Cremes ein, die Kortison oder Vitamin-A-Säure-Derivate enthalten.
  • Als örtliche Reiztherapie ist beispielsweise eine Phototherapie mit UV-Licht möglich.
  • Im Rahmen einer oralen Therapie wirkt Kortison oder das entzündungshemmende Dapson auf das überreizte Immunsystem.

In 60 bis 70 Prozent der Fälle ist die Therapie erfolgreich und führt zu einem Nachwachsen der Haare. Je weitläufiger der betroffene Körperbereich ist, desto ungünstiger ist jedoch die Prognose.

Diffuser Haarausfall

Die Behandlung des diffusen Haarausfalls konzentriert sich darauf, die Ursachen des Haarverlustes aufzudecken und nach Möglichkeit abzustellen. Gelingt es, die auslösenden Mechanismen zu unterbinden, stoppt der Haarausfall innerhalb einiger Wochen und die Haare können allmählich nachwachsen.

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